Was später als Weltfinanzkrise bezeichnet wurde, begann 2006, als der Verkauf von neuen Eigenheimen, der seit der Jahrtausendwende steil angestiegen war, zu schwächeln begann. Der Abschwung beschleunigte sich 2007, und im März hatte er zwei namhafte Hedgefonds erfasst, die massgeblich in komplexe, mit Hypotheken verbundene Wertpapiere investiert waren.

Verkäufe von neuen Einfamilienhäusern in den USA (in Tausend Einheiten)
Quelle: Federal Reserve Bank of St. Louis

Diese wurden von Bear Stearns, einer der damals führenden Investmentbanken an der Wall Street, verwaltet. Die Bank versuchte, die Fonds zu retten, wurde aber – als sich die Befürchtungen über die Auswirkungen des angeschlagenen US-Immobiliensektors sowohl in den USA als auch auf den internationalen Märkten rasch ausbreiteten – von den einbrechenden Wertpapierkursen in die Knie gezwungen.

Bear Stearns wurde gerettet und im März von J.P. Morgan für einen Bruchteil des Werts vor der Krise aufgekauft, während Lehman Brothers, ein weiteres grosses Wall Street-Unternehmen, weniger Glück hatte. Weit überproportional in denselben hypothekenbesicherten Wertpapieren engagiert, meldete Lehman Brothers im September 2008 mit Schulden in Höhe von USD 613 Milliarden Konkurs an – die bis dahin grösste Insolvenz in der Geschichte der USA. Dies wiederum löste eine Schockwelle auf den weltweiten Finanzmärkten aus.

Lehman Brothers und Bear Stearns unterhielten Handelsbeziehungen zu führenden Banken auf der ganzen Welt, aber keine dieser Gegenparteien wusste, welche ihrer Geschäftspartner bei den beiden gescheiterten Unternehmen involviert waren, ganz zu schweigen davon, in welchem Ausmass. Das globale Finanzsystem erstarrte; die Banken hatten Angst, einander Geld zu leihen, und konnten nicht mehr auf die liquiden Vermögenswerte zugreifen, die die Grundlage für diese Interbankenfinanzierung bildeten.

Anzahl und gesamte Vermögenswerte der Bankenkonkurse in den USA von 2001 bis 2023
Quelle: Statista

Woher kam das Kapital während der Liquiditätskrise?

Im Dezember 2009 gab Antonio Maria Costa, Executive Director des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung von 2002 bis 2010, ein Interview in einer britischen Zeitung. Darin behauptete er, dass einige Banken während der Finanzkrise durch eine überraschende Quelle gerettet wurden: Milliarden von Dollar, die „originated from the drugs trade and other illegal activities.“

Laut Costa machten diese Beträge den Grossteil der USD 352 Milliarden aus, die die Kartelle mit dem illegalen Handel mit Kokain und Marihuana erwirtschafteten. Er nannte weder die Banken noch die Länder, in denen diese ansässig waren. Er gab nicht einmal an, wie er die Summe der Gewinne dieser Kartelle ermittelt hatte.

Interbank loans were funded by money that originated from the drugs trade and other illegal activities […] There were signs that some banks were rescued that way.
— Antonio Maria Costa, Executive Director des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, 2002–2010

Diese Theorie lautet, dass diese rechtzeitige Finanzspritze durch die Änderung des Modus Operandi der Drogenbarone bei der Handhabung der ausufernden Bareinnahmen aus ihrem Handel ermöglicht wurde. Aufgrund der strengen Geldwäschekontrollen hatten die Kartelle zuvor Schwierigkeiten, Geld bei regulierten Banken einzuzahlen, wohingegen sie mit Banken in weniger streng regulierten Offshore-Finanzzentren zusammenarbeiten konnten.

Der US-Immobilienboom und sein Zusammenbruch änderten diese Situation, und 2007 begann der „Kaufrausch der Vermögenswerte“ der Kartelle. Dafür legten sie erhebliche Beträge bei Banken in Märkten an, die zuvor stark reguliert wurden. Die Kartelle nutzten die zunehmende Missachtung der Geldwäschekontrollen durch diese Banken aus, als diese von der Liquiditätskrise in den USA überrollt wurden. Da die üblichen Einleger den Banken insgesamt zunehmend misstrauten, wurde ihr Bedarf an liquiden Reserven akut.

Costa zufolge nutzten die Banken so die Einlagen aus dem Handel mit illegalen Drogen, um sich aus dem finanziellen Loch zu befreien, in dem sie sich befanden.

„Drogengelder retteten das globale Finanzsystem vor dem Zusammenbruch“ – Gerücht oder Realität?

Die Analyse von Antonio Maria Costa birgt eine Reihe von Fragezeichen. Erstens sind USD 352 Milliarden zwar unter normalen Umständen eine beträchtliche Summe Geld, doch verglichen mit dem Liquiditätsbedarf des Finanzsystems im Jahr 2008 war sie verschwindend klein. In nur wenigen Monaten jenes Jahres, zwischen September und November, musste die US-Notenbank fast USD 1,3 Billionen an Liquidität in das System pumpen, um einen völligen Zusammenbruch zu verhindern.

Das allein ist das 3,7-fache des Betrags der angeblichen Einlagen der Drogenkartelle. Dies war jedoch nur der Anfang der Unterstützung, die den Finanzmärkten durch die Zentralbanken in den USA und anderswo gewährt wurde.

Die untenstehende Grafik zeigt das Wachstum der Bilanzen von ausgewählten Zentralbanken, darunter namentlich die Schweizerische Nationalbank („SNB“ in der Grafik), die US Federal Reserve („Fed“), die Europäische Zentralbank („EZB“) und die Bank of England („BoE“) und die Bank of Japan („BoJ“).

Kumulierte Bilanzen der Zentralbanken (in USD Billionen)
Quelle: TopForeignStocks.com

Insgesamt haben die Zentralbanken in den zehn Jahren nach der globalen Finanzkrise mehr als USD 14 Billionen für die sogenannte „Quantitative Lockerung“ (Quantitative Easing – QE) ausgegeben. Dies beinhaltete den Verkauf von Staatsobligationen und anderen Finanztiteln, um die Marktliquidität zu erhöhen und die Zinssätze zu senken. Die Hoffnung, die sich bewahrheitete, war, dass QE die Entfachung der Weltfinanzkrise in eine Weltwirtschaftskrise verhindern würde.

Im Vergleich zu diesem nie dagewesenen Fluss an finanzieller Unterstützung waren etwaige in die Banken eingebrachte Drogengelder kaum mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein.

Weshalb aber behauptete Antonio Maria Costa, ein angesehener Funktionär der Vereinten Nationen und erfahrener Ökonom, dass zumindest einige Banken durch Hunderte von Milliarden Dollar gerettet wurden, „originated from the drugs trade and other illegal activities“?

Abschliessende Gedanken

Es ist durchaus bezeichnend, dass Antonio Maria Costa seine Behauptung in einer britischen Zeitung äusserte. Damals hatte, wie im Artikel zu lesen ist, die Polizei in Grossbritannien gerade eine neue Anti-Drogen-Kampagne angesichts der Anzeichen eines steigenden Kokainkonsums unter Jugendlichen gestartet. Die Behauptung des UN-Funktionärs stellte daher nicht nur eine zeitlich passende und überzeugende Unterstützung dieser Initiative dar, sondern war auch eine hilfreiche Publicity für die Bemühungen seiner eigenen Organisation, den internationalen Handel mit illegalen Drogen einzudämmen.

Allerdings wurde zumindest ein Teil seiner Behauptung später bestätigt, als im März 2010 ein Strafverfahren gegen Wachovia eingeleitet wurde, eine der grössten US-Banken, die seit 2008 zu Wells Fargo gehört. Der Bank wurde vorgeworfen, seit 2004 über Jahre hinweg den Transfer von USD 378,4 Milliarden über mexikanische Devisengeschäfte nicht wirksam gegen Geldwäsche kontrolliert zu haben.

Der Fall kam nie vor Gericht; Wachovia zahlte USD 110 Millionen an die US-Bundesbehörden sowie eine Geldstrafe von USD 50 Millionen. Wie der Bundesstaatsanwalt damals feststellte, gab die Nachlässigkeit der Bank „gave international cocaine cartels a virtual carte blanche to finance their operations.“

Den hohen Bussgeldern und Strafen nach zu urteilen, die Banken immer wieder auferlegt werden, hat es den Anschein, dass beim Angebot von Geschäften in beträchtlichem Umfang die Einhaltung der Vorschriften manchmal dem Profit den Vortritt lassen muss.

Details  Jetzt investierenInvestieren Sie  Anruf vereinbarenRufen Sie an.  Jetzt registrierenAnwenden  Teilen 
Moonshot teilen und 2% Belohnung erhalten

Laden Sie Ihr Netzwerk ein, unsere exklusiven Privatmarkt-Investments wie ChatGPT oder SpaceX zu entdecken, und verdienen Sie lukrative Prämien. Wenn Sie Moonshot als eingeloggter Benutzer teilen, erhalten Sie automatisch 2% (und bis zu 5% mit unserem Ambassador-Programm) auf die erste Investition Ihrer Empfehlung.

Link kopieren Einleitungstext kopieren Über WhatsApp teilen Per E-Mail teilen