Eine lange verbreitete Weisheit besagt, dass Investoren, die ihre Portfolios über eine Vielzahl von ausländischen Märkten diversifizieren, bei geringerem Risiko bessere Renditen erzielen, als wenn sie nur in ihrem Heimatmarkt investieren.

Wir bei Moonshot neigen dazu, allgemein verbreitete Weisheiten zu hinterfragen und so liegt es auf der Hand, dass wir dieses Diversifizierungsargument im Interesse der Schweizer Investoren prüfen. Die Schweiz stellt in vielerlei Belangen eine Ausnahme von der Regel dar und wir könnten uns vorstellen, dass sie auch diesen Hypothesen bezüglich der internationalen Portfoliodiversifizierung widerspricht. Wir haben die Zahlen überprüft; werfen wir einen Blick auf die Ergebnisse.

Für den Vergleich haben wir die Renditen der wichtigsten Schweizer, US-amerikanischen und chinesischen Indizes der öffentlichen Märkte herangezogen und für eine umfassende Analyse zudem einige bekannte Benchmarks der Privatmärkte miteinbezogen. Der Grund für unsere Untersuchung der US-amerikanischen und chinesischen Indizes ist, dass sie angesichts ihrer Bedeutung in der Weltwirtschaft für Schweizer Investoren, die eine Diversifizierung im Ausland anstreben, äusserst interessant sind.

* Für die Berechnungen wurden der SIX – Swiss Market Index (SMI) als Schweizer Aktienmarkt, der SSE Composite Index (000001.SS) als chinesischer Aktienmarkt, der S&P 500 (GSPC) als US-Aktienmarkt, der SXI Real Estate® Fnds Broad TR (SWIIT) als Schweizer Immobilienmarkt, der SSE Real Estate Index (000006) als chinesischer Immobilienmarkt, der Dow Jones U.S. Real Estate Index (DJUSRE) als US-Immobilienmarkt, der SBI ® AAA-BBB Total Return (SBR14T) als Schweizer Anleihenmarkt, der SSE Corporate Bond Index (000013.SS) als chinesischer Anleihenmarkt, der Bloomberg US Aggregate Bond Index als US-Anleihenmarkt, der Cambridge Associates US Private Equity Index für Private Equity, der Cambridge Associates Real Estate Index für private Immobilien und der Cliffwater Direct Lending Index für Private Debt herangezogen.

Die Schweiz, die US und China im Detail

In einem ersten Schritt haben wir uns an den aktuellen Untersuchungen unseres geschätzten Partners Le Bijou orientiert, um herauszufinden, welches Testmodell für die Portfolioallokation in den verschiedenen Anlageklassen – öffentlich und privat – in diesen drei Ländern am besten geeignet ist.

Ihre Studie hat uns überzeugt, dass wir neben börsenkotierten und nicht börsenkotierten Obligationen und Aktien auch Investitionen in Immobilien einbeziehen sollten. So kamen wir zu dem Schluss, dass sich das 40/30/30 (Modell D aus dem Artikel von Le Bijou) am besten eignet, um ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Rendite und Risiko zu erreichen: 40% in Aktien und jeweils 30% in Obligationen und Immobilien.

Dieses Modell ist jedoch nicht für jeden geeignet. Anleger, die derzeit zwischen 20 und 30 Jahre alt sind (und noch mehr Zeit zum Sparen haben), sind vielleicht bereit, mehr Risiko einzugehen und ihren Anteil an privaten Märkten zu erhöhen, um so höhere Renditen zu erzielen. Ältere Anleger könnten mit einem konservativeren Ansatz, der diese Märkte ausschliesst, zufriedener sein. Die folgende Tabelle vergleicht beide Ansätze.**

 

** Die unseren Berechnungen zugrunde liegende Methodik zielte darauf ab, auf vierteljährlicher Basis eine korrekte Parität in den Daten für alle Anlageklassen herzustellen. Diese Anpassung war notwendig, da die Renditedaten für die Private-Equity-, Debt- und Immobilienfonds, die diese Vermögenswerte darstellen, aus den verschiedenen vierteljährlichen und jährlichen Fondsberichten der jeweiligen Fondsmanager stammen.

Fachbegriffe

Die Standardabweichung misst die Volatilität anhand der durchschnittlichen Differenz zwischen einzelnen Datenpunkten und ihrem Mittelwert. Sie wird als Quadratwurzel der Varianz ausgedrückt. Das Ausmass und die Häufigkeit, mit der sich die Preise von Vermögenswerten nach oben oder unten bewegen, bestimmen ihre Volatilität, die als Indikator für das Anlagerisiko gilt.

Die vom amerikanischen Ökonomen William Sharpe entwickelte Sharpe Ratio ist ein Mass für risikobereinigte Renditen. Je höher die Quote, umso höher ist die Rendite im Verhältnis zum Risiko, das zur Erzielung dieser Rendite eingegangen wird. Einfacher ausgedrückt bedeutet eine hohe Sharpe Ratio eine bessere Investition (natürlich unter sonst gleichen Bedingungen).

Drawdown ist der Begriff der Finanzanalyse für einen Rückgang des Preises oder Wertes eines einzelnen Vermögenswerts, Index oder Portfolios. In unserer Tabelle ist der maximale Drawdown der grösste Rückgang, der für einen Index in einem der 40 Quartale (10 Jahre), in denen die Daten erfasst wurden, verzeichnet wurde. Die Messung ist eng mit der Sharpe-Ratio verbunden, da sie das grösste historische Risiko bzw. die grösste Volatilität des betreffenden Index angibt.

Was können wir dank dieses Fachwissens aus der Tabelle herauslesen?

1. Analyse der Rendite

Ob kumulierte oder annualisierte Renditen – es ist offensichtlich, dass die Einbeziehung von Private Debt, Private Equity und Immobilien einen entscheidenden Einfluss hat. Die Ergebnisse werden dadurch mehr als verdoppelt.

10-jährige jährliche Rendite der untersuchten Portfolios (in %)

Besonders interessant ist, dass die Transformation in der Schweiz wesentlich ausgeprägter ist als in China oder in den US. Die Schweizer Rendite ist bei Einbeziehung der privaten Märkte 4,1x höher als bei einem Index, der nur öffentlich gehandelte Wertpapiere misst. In China und den US beläuft sich der Anstieg auf lediglich 2,55x bzw. 2,22x.

Gleichzeitig hat sich die Schweizer Strategie, die durch Privatmarkt-Investments ergänzt wurde, mit 12,04% jährlicher Rendite verglichen mit 12,78% bzw. 12,67% für China und die US nur unwesentlich von den beiden anderen Strategien abgesetzt.

2. Risiko- und Drawdown-Analyse

Weil Privatinvestoren bei Anlageverlusten tendenziell abgeneigter gegenüberstehen als institutionelle Anleger – selbst wenn diese nur temporär sind – haben wir den maximalen Drawdown als Schwerpunkt für diese Abneigung gewählt.

Maximale Drawdowns für Quartalsrenditen der untersuchten Portfolios (in %)

Hier sehen Sie eine weitere Veränderung durch die Einbeziehung der privaten Märkte. Und einmal mehr ist es die Schweiz, die den grössten Nutzen daraus gezogen hat. In Verbindung mit der vorherigen Grafik bedeutet dies, dass Investitionen in den öffentlichen Schweizer Markt, ergänzt durch die Möglichkeiten des privaten Marktes, in den letzten 10 Jahren zu einer Rendite geführt haben, die sich kaum von derjenigen der US und Chinas unterscheidet, jedoch mit einem geringeren maximalen Verlust (Drawdown) von 6,91% gegenüber 8,02% bzw. 7,68%.

Die Standardabweichung erfasst nicht nur die aufgetretenen Verluste, sondern auch die Kursschwankungen nach oben. Als Risikomass ist sie daher ganzheitlicher als die blossen Drawdowns. Die Tabelle zeigt, dass die Einbeziehung privater Märkte zwar die absolute Abweichung (also das Risiko) erhöht, aber den Unterschied zwischen der Schweiz (0,06) und den beiden anderen Märkten auf nahezu unbedeutende Werte reduziert (0,07 für China und 0,06 für die US).

Dies ist ein deutlich besseres Ergebnis als bei einem Vergleich mit mehr oder weniger ähnlichen annualisierten Renditen und deutet darauf hin, dass unsere Märkte bei deutlich geringerem Risiko eine erstklassige Portfolio-Performance liefern. Wird dies durch die Sharpe-Ratios bestätigt?

3. Analyse der Sharpe-Ratio

Sharpe-Ratios für untersuchte Portfolios

Die Quoten bestätigen nicht nur die Schlussfolgerungen aus unserer Analyse der beiden vorangegangenen Grafiken, sondern sie ergänzen und vertiefen die Ergebnisse erheblich. Auch hier führt die Einbeziehung der privaten Märkte zu einer Vervielfachung des „Schweizer Vorteils“: Die Sharpe-Ratio steigt um mehr als das Vierfache von 0,36 auf beeindruckende 1,49, weit vor China mit 0,86 und den US mit 1,11.

Anders ausgedrückt: Für jede einzelne Risikoeinheit hat die Investition in eine Kombination aus privaten und öffentlichen Schweizer Märkten in den letzten zehn Jahren eine Rendite erbracht, die fast anderthalbmal so hoch ist wie das Risiko.

Das Ende eines aussergewöhnlichen Jahrzehnts – Suche nach Sicherheit in der Schweiz

Die Schweiz scheint in Bezug auf die Anlageperformance eine herausragende Periode erlebt zu haben. Das Jahrzehnt, das wir hier betrachten, war allerdings an sich schon aussergewöhnlich. Bereits vor 2012, als die Zentralbanken versuchten, die durch die Auswirkungen die globale Finanzkrise (2007-08) drohende Rezession abzuwenden, hatte die quantitative Lockerung (oder QE von englisch quantitative easing) an Fahrt aufgenommen. Ab 2012 hat sich dieses Geldschöpfungs-Programm jedoch erheblich beschleunigt.

Gesamtvermögen der wichtigsten Zentralbanken (in USD Billion)
Quelle: Yardeni Research, Inc.

Diese Liquiditätsflut der Zentralbanken sorgte für einen anhaltenden Ansturm von Investoren auf nahezu jeden Vermögenswert, ob für Aktien, Obligationen, Immobilien oder Sammlerstücke auf öffentlichen oder privaten Märkten. Mit dem Fortschreiten und Wachstum dieses Trends wuchs auch das Unbehagen über die Nachhaltigkeit eines solchen „Bullenmarktes jedes Vermögenswerts“.

Dieses Unbehagen wurde im Laufe des Jahrzehnts 2012-22 immer deutlicher. Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im Jahr 2016 war ein Zeichen für den Aufstieg des Populismus und die zunehmende Polarisierung der Politik im Allgemeinen. Die Pandemie von 2020 trug zu diesen Turbulenzen bei und gipfelte in der russischen Invasion in der Ukraine im Jahr 2022, die nach wie vor die nach dem Zweiten Weltkrieg entstandene geopolitische Ordnung Europas bedroht.

In solchen Zeiten neigen Investoren dazu, Sicherheit zu suchen. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts kam es zu einer anhaltenden Flucht in US-Staatsanleihen, Gold und andere traditionelle sichere Häfen. Aufgrund ihrer politischen Stabilität, strategischen Neutralität und friedlichen Gesellschaftsordnung ist die Schweiz seit Menschengedenken einer dieser Zufluchtsorte.

Aus diesem Grund hat der Schweizer Franken in den letzten zehn Jahren mit dem US-Dollar Schritt gehalten, obwohl letzterer als internationaler Zufluchtsort für Investitionen immer beliebter wurde. Hier sehen Sie, wie sich der Dollar gegenüber anderen führenden Währungen entwickelt hat.

Entwicklung des MSCI World USD Index von 1986 bis 2022
Quelle: Statista

Diese Abbildung zeigt Schweizer Franken. Es wird deutlich, dass der Kurs gegenüber der US-Währung am Ende des Jahrzehnts fast genau derselbe war wie zu Beginn des Jahrzehnts.

Wechselkurs CHF zu USD
Quelle: Investing.com

Es hat ein ganzes Jahrzehnt beispielloser monetärer, wirtschaftlicher und politischer Turbulenzen gebraucht, um die aussergewöhnliche Investitionsperformance der Schweiz voranzutreiben. Was wird geschehen, sobald die internationale finanzielle und politische Stabilität wiederhergestellt ist?

Eine Welt voller Sorgen

Das entscheidende Wort ist „sobald“. Die Aussichten können bestenfalls als unsicher bezeichnet werden. Der Krieg in der Ukraine droht sich in die Länge zu ziehen und die beunruhigenden Auswirkungen werden durch das Wiederaufflammen der Feindseligkeiten in Israel und im Gazastreifen zusätzlich verstärkt. Im Kaukasus, seit langem Schauplatz von Konflikten zwischen Armenien und Aserbaidschan, drohen nach einer Militäroffensive Aserbaidschans gegen Berg-Karabach im September 2023 neue Konflikte.

Zu diesen geopolitischen Risiken kommen anhaltende wirtschaftliche Unsicherheiten hinzu. In den US bleibt das Wachstum hartnäckig stark, obwohl die Federal Reserve mit ihren „längerfristig höheren Zinsen“ eine Rezession herbeiführen möchte, um die Preis- und Lohnanstiege zu stoppen. Im Gegensatz dazu steht die ungelöste Frage der quantitativen Lockerung, für deren Auslaufen noch kein Plan bekannt gegeben wurde und deren wirtschaftliche und andere Folgen ohnehin in einem Nebel der Angst verhüllt bleiben.

Kein Wunder also, dass der Goldpreis einen entscheidenden Punkt erreicht hat. Wie die nachstehende Grafik zeigt, befindet sich das Edelmetall seit mehr als 3 Jahren in einer klar definierten Handelsspanne und hat sich am oberen Ende des Trends festgesetzt. Sollte der Preis aus diesem Band nach unten durchbrechen, wird Gold wahrscheinlich einen starken Rückgang erleiden und längerfristig unter Druck bleiben.

Steigt der Goldpreis hingegen auf über USD 2’000 pro Unze an, dürfte uns ein anhaltender Aufwärtstrend bevorstehen. Wir bei Moonshot sind gespannt, was der Auslöser für einen solchen Ausbruch, wenn er denn stattfindet, sein könnte. Es wären mit Sicherheit keine guten Nachrichten.

Goldpreis Ende Oktober 2023 (in USD pro Unze)
Quelle: GoldPrice.org

Angesichts all dieser Ungewissheiten scheint der Drang, seine Investitionen im unmittelbaren Umfeld zu halten, in absehbarer Zukunft nicht nachzulassen. Das deutet darauf hin, dass die „Schweizer Vorteils“, die in diesem Artikel aufgedeckt und bewiesen wurde, wahrscheinlich fortbestehen wird.

All denjenigen unter unseren Lesern, die der Überzeugung sind, dass eine internationale Portfoliodiversifizierung der beste und sicherste Ansatz für Investitionen ist, gestehen wir zu, dass es nicht unbedingt risikofrei ist, alles auf eine Karte zu setzen.

Gleichzeitig sind wir der Meinung, dass sich die Schweiz kein typischer Korb ist. Wir geniessen seit Jahrhunderten internationale Neutralität und ein konfliktfreies Umfeld, haben eine der stärksten Währungen der Welt und sind weithin als Musterbeispiel für Stabilität und Sicherheit bekannt.

Wenn wir nur in unseren Heimatmarkt investieren, kann dies gelegentlich zu verpassten Erfolgschancen und Renditen führen, beispielsweise bei Investmentgelegenheiten in Schwellenländern. Die Erfahrungen der letzten zehn Jahre und die Erwartung, dass sich die derzeitige schwierige weltweite Lage in absehbarer Zeit nicht bessern wird, deuten allerdings stark darauf hin, dass es in der Schweiz wenig zu bereuen geben wird, während Ihre risikobereinigten Renditen zu den höchsten gehören dürften.

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