Auf eine Million Moleküle in der Luft entfallen lediglich 400 auf CO2: Das Herausfiltern des Treibhausgases aus der Luft mit grossen Ventilatoren ist deshalb äusserst energie- und kostenintensiv. Die Firma Climeworks, ein Spin-off der ETH, hat in den letzten sieben Jahren erste Anlagen gebaut, die der Luft CO2 entnehmen. Anschliessend wird es tief unter der Erde gespeichert, wo es mineralisiert. Dazu hat Climeworks Verträge mit 170 Firmenkunden abgeschlossen, darunter Swiss Re, UBS, JP Morgan oder Microsoft. Nun kommt mit Swiss die erste Airline dazu.
Grössenvorteile sollen Technik wettbewerbsfähig machen
Sowohl Climeworks als auch Swiss sind allerdings sehr zurückhaltend, wenn es um Details geht. Bekanntgegeben wurde am Donnerstag nur, dass der Vertrag zunächst auf sieben Jahre angesetzt ist. Der Lufthansa-Konzern, zu dem auch die Swiss gehört, hatte kürzlich mit einem Wettbewerber von Climeworks einen Vertrag über die Entnahme von 40 000 Tonnen über vier Jahre geschlossen. Das tönt zwar nach viel, doch die Lufthansa-Airlines haben voriges Jahr mit 23 Millionen Tonnen ein Vielfaches des Treibhausgases ausgestossen.
Gerade die Airlines stehen vor einer enormen Herausforderung, klimaneutral zu werden. Auf Elektro-Flugzeuge sollte man wegen des Gewichts der Batterie derzeit nicht setzen. Airbus plant bis 2035 immerhin erste mit Wasserstoff betriebene Flugzeuge für die Kurzstrecke. Nachhaltig hergestelltes Kerosin ist zwar eine Lösung, kostet aber ein Vielfaches des fossilen. Mit Climeworks will die Swiss einen Teil der schwer vermeidbaren Emissionen neutralisieren. Es handelt sich um Anschubfinanzierungen für eine Technologie, die derzeit noch sehr teuer ist.
Will man als Einzelperson – laut Climeworks haben sich seit 2017 etwa 20 000 Personen beteiligt – eine Tonne CO2 zum Verschwinden bringen, muss man dafür 1250 Franken aufwenden – ein enormer Betrag, wenn man bedenkt, dass zum Beispiel ein Economy-Flug nach New York gut 2 Tonnen CO2 ausstösst. Für industrielle Kunden gibt es natürlich Rabatt, aber der Preis liegt immer noch im «hohen dreistelligen» Bereich. Laut Mitteilung will die Swiss ihren Kunden die Möglichkeit geben, mit der Technik von Climeworks etwas für den Klimaschutz zu tun.
Climeworks zählt derzeit 450 Mitarbeitende. Es hat in Island zwei Anlagen gebaut, wobei die grössere mit einem Potenzial von 36 000 Tonnen pro Jahr voraussichtlich ab Mai produziert. Bei viel grösseren Anlagen, die auf 1 Million Tonnen negative Emissionen kommen, könnten sich die Kosten dank Grössenvorteilen auf 400 Dollar je Tonne reduzieren. Und wenn einmal Hunderte solcher Anlagen in Betrieb seien, seien auch Kosten von 200 Dollar denkbar, schreibt Climeworks.
Der Finanzchef Andreas Aepli zieht dabei Parallelen zur Entwicklung der Solarenergie. Im Jahr 2000 habe es rund 500 Dollar gekostet, um mit Solarstrom eine Tonne CO2 zu vermeiden, sagt er im Gespräch. Bis heute seien die Kapazitäten der Solarenergie um den Faktor 1000 ausgebaut worden, gleichzeitig seien die Kosten auf einen Zehntel gesunken. Climeworks hofft auf eine ähnliche Entwicklung bei der Entnahme und Speicherung von CO2.